Mein/e Partner/in trinkt.
Welche Möglichkeiten können wir ausschöpfen, bevor wir uns trennen?
Zusammenfassung des Themenabends vom 10.10.2013
Sucht und Partnerschaft bzw. Familie lassen sich nicht trennen, das sollte zuerst einmal klar sein. Das eine hat Einfluss auf das andere; ohne Frage belastet der Abhängige durch sein Trinken und das daraus resultierende Verhalten die Partnerschaft – auf der anderen Seite können Beziehungsprobleme sehr wohl auch zum Trinken beitragen.
Ich erspare mir aus Gründen der Lesbarkeit das „der/die“, „Partner/in“ „Abhängige/r“ usw. Vielen Dank für Euer/Ihr Verständnis. :-)
Wichtig sind zu Anfang zwei Punkte:
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Angehörige können nicht helfen im Sinne von „machen, dass der Trinkende trocken wird“. Es funktioniert nur, wenn der Betroffene selbst den Willen zur Abstinenz entwickelt.
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Angehörige laufen Gefahr, selbst ein durchaus ernst zu nehmendes Krankheitsbild zu entwickeln, die Co-Abhängigkeit. Das bedeutet, dass der Angehörige sein Leben nach dem des trinkenden Partners ausrichtet, also quasi von ihm abhängig wird.
Ändert sich in einer solchen Beziehung nichts, wird die/der Trinkende keinen Anlass sehen, aufzuhören. Wird andererseits der Trinkende nicht trocken, steht oft die Partnerschaft und sogar die Bindung zur ganzen Familie auf dem Spiel. Angehörige, die eine solche Beziehung retten wollen, können dies nur im Zusammengang mit dem trinkenden Partner bewerkstelligen. Sie können ihn jedoch nicht zwingen, sondern nur unterstützen. Auch das Wegschütten von Alkoholvorräten ist keine hilfreiche Aktion.
Auf jeden Fall ist es notwendig, die Thematik klar auf den Tisch zu bringen. Wenn ein Angehöriger das Trinken des Partners verschweigt, verleugnet, gar verharmlost („...ach, die paar Bierchen auf der Feier...“, „...nur nach Feierabend!“ usw.) oder einfach auf Besserung hofft, ist das Abrutschen in die Co-Abhängigkeit vorprogrammiert. Sicherlich wird der trinkende Partner nicht begeistert sein und zuerst einmal seine Abhängigkeit bestreiten – vielleicht ist es ja auch noch keine Abhängigkeit, aber auf jeden Fall wird (milde ausgedrückt) der Alkoholkonsum in der Partnerschaft als störend empfunden.
Auch für den angehörigen Partner gibt es ein schwieriges Thema zu bewältigen: Hält mich wirklich Liebe bei ihm, oder ist es nur Gewohnheit oder vielleicht schon Co-Abhängigkeit, möglicherweise auch materielle/finanzielle Abhängigkeit?
Als Unterstützung anbieten kann man dem trinkenden Partner z.B. den gemeinsamen Gang zu einer Suchtberatung und evtl. auch den gemeinsamen Besuch einer Selbsthilfegruppe. Es gibt hier welche, bei denen Abhängige und Angehörige an einem Tisch sitzen, und andere, die getrennte Räume haben.
Nun kann es durchaus mehrere Möglichkeiten geben. Im Idealfall wird der Trinkende im ersten Anlauf dauerhaft oder zumindest für lange Zeit trocken. Allerdings kann es sowohl nach längerer Zeit Rückfälle geben als auch instabile Phasen, bei denen sich Trinken mit Nüchternheit abwechselt. So etwas ist zermürbend und stellt das Vertrauen in die Abstinenzabsicht des Partner und damit die Beziehung auf eine harte Probe.
Es kann also funktionieren – es kann aber auch schiefgehen.
Sind beispielsweise Sucht und Beziehungskrise sehr eng miteinander verstrickt oder besteht gar der Verdacht, dass Beziehungsprobleme der Auslöser für problematischen bzw. abhängigen Konsum sind, sollte man den Gang zu einer Paar- bzw. Familienberatungsstelle oder Paartherapie nicht scheuen!
Manchmal kommt es aber auch, wenn der trinkende Partner trocken wird, zu einem Bruch der Beziehung. Das lässt sich ganz einfach erklären:
Stellen wir uns eine Partnerschaft als ein stabiles System vor, bei dem beide Partner wie Planeten umeinander kreisen und sich gemeinsam um einen festen Mittelpunkt bewegen. Verändert sich nun ein Partner (der trinkende Partner wird trocken), gerät das System aus dem Gleichgewicht – es beginnt zu „eiern“, zu trudeln, die Partner entfernen sich voneinander und ihrem gemeinsamen Mittelpunkt [systemisch-familientherapeutischer Ansatz, nachzulesen z.B.in Grundlagen Systemischen Denkens von Heinz-Günter Andersch-Sattler, Augsburg, Seite 3, 3. Absatz].
Das heißt, um das Gleichgewicht zu halten, ist es notwendig, dass beide Partner an sich arbeiten. Erwartet der Angehörige, dass der Trinkende eben „nur trocken wird“, ergeben sich Probleme. Andererseits sollten Schuldzuweisungen des Abhängigen auch klar zurückgewiesen werden. Die Klärung der Schuldfrage ist nicht zielführend.
Ist der trinkende Partner nicht einsichtig und nicht bereit, an sich zu arbeiten, gibt es für den Angehörigen nur einen Weg, nicht in die Co-Abhängigkeit zu geraten: Auf sich selbst achten, etwas für sich tun! Das kann z.B. schon einfach darin bestehen, sich zu informieren, was Sucht ist und wie sie funktioniert, um zu erkennen, dass beim Partner nicht unbedingt böser Wille oder Charakterschwäche vorliegt, sondern eine Krankheit. Diese ist im eigentlichen Sinne nicht heilbar, sondern nur zum Stillstand zu bringen, und zwar durch kompletten Verzicht auf Alkohol. Beteuerungen wie „ich reduziere den Konsum“, „nur noch nach 19:oo Uhr“ sind bei einem Abhängigen daher nicht realisierbar.
Beginnt der Süchtige seinen Weg in die Abstinenz, kann der Partner ein großes Gefühl von Rückhalt bieten, darf sich aber nicht „runter ziehen“ lassen.
Ist im Guten kein Fortschritt zu erzielen, so sollte der Angehörige eigene Wege beschreiten und gleichzeitig dem Trinkenden Grenzen setzen. Beispielsweise wird kein Alkohol mehr eingekauft, kein Leergut entsorgt, nicht aufgeräumt, nicht am Telefon gelogen, auch mal alleine ausgegangen. Kinder werden dann evtl. zu Bekannten/Verwandten gegeben bzw. ein Babysitter bestellt, weil ja auf den Trinkenden kein Verlass ist. Angehörigen sei empfohlen, auch einen eigenen Freundeskreis aufzubauen und zu pflegen, sich keinesfalls mit den (oftmals nur Sauf-)Kumpanen des Trinkenden umgeben!
Getrennte Schlafzimmer sind auch angeraten, wenn der Alkoholgeruch und/oder das Verhalten nicht ertragbar sind.
Wird es schlimmer, kann ein Auszug/eine Trennung auf Zeit versucht werden.
Bei all diese genannten Dinge ist Konsequenz unabdingbar, es darf nicht bei Androhungen bleiben – dann hätte der Trinkende wieder ein Stück gewonnen!
Der angehörige Partner muss sein eigenes Leben wiederbekommen. Zuweilen ist dies dann das Signal, dass der Trinkende den Partner ernst nimmt und erkennt, dass der Abstand größer wird – irgendwann vielleicht groß genug zum Loslassen.
Wenn all das nicht zur Einsicht führt und der Trinkende nicht bereit ist, etwas an sich zu ändern, dann bleibt dem Angehörigen nur die Trennung. Manchmal ist das der Punkt, der sich im Leben des Trinkenden ändern muss, damit er stabil trocken bleiben kann. Und letztlich geht es dann beiden Partnern besser.